Das „Problem“ monotoner Bookings und fehlendem Mut

Ok, dass mit dem fehlenden Mut ist natürlich rein spekulativ und auch eine sehr provokante Aussage, schließlich habe ich keinen direkten Einblick in die Planungsbüros der Festivals, aber jetzt habe ich hoffentlich eure Aufmerksamkeit (Uuuuh clickbait). Auch möchte ich hier nicht alle Festivals gleichermaßen beurteilen, dafür fehlen mir einfach die Erfahrungen dazu. Als Grundlage für diesen Blog Post dienen mir die Festivals die ich seit Jahren eigentlich regelmäßig besuche. Dazu zählen unter anderem die großen deutschen Reggae Festivals wie das Summerjam Festival in Köln.

Allerdings hat mich eher das vor einigen Tagen veröffentliche Lineup für das Ruhr Reggae Summer in Dortmund dazu veranlasst diesen Blog Post zu schreiben. Und nicht dass wir uns falsch verstehen, schlecht finde ich das Lineup nicht, nur erzeugt es nicht dieses „WOW, allein wegen Artist XYZ würde ich mir jetzt ein Ticket kaufen“ Gefühl, und dass passiert mir in der letzten Zeit öfter. Damit wären wir auch beim Thema. Da stehen für das Ruhr Reggae Summer in Dortmund dann Künstler wie Anthony B auf dem Lineup den man mittlerweile gefühlt auf jeder größeren Veranstaltung sieht, oder Raging Fyah die auch schon für das Ruhr Reggae Summer in Mülheim an der Ruhr Anfang August gebucht sind. Auch jemanden wie Miwata überlese ich mittlerweile fast automatisch, zu oft in zu kurzer Zeit gesehen und reizt mich einfach nicht mehr.

Publikum - Ruhr Reggae Summer Mülheim an der Ruhr (2016)

Publikum – Ruhr Reggae Summer Mülheim an der Ruhr (2016)

Aber nicht nur das Ruhr Reggae Summer hat so seine Probleme mit Monotonie sondern auch das Summerjam. Patrice ist gefühlt jedes zweite Jahr Headliner, Danakil und Dub Inc. wechseln sich als Frankreich Import Jahr für Jahr ab, irgend ein Marley ist immer mit dabei und gehypte Acts wie dieses Jahr Nattali Rize spielen dann auch mal zwei Jahre in Folge. So schnell wie gut laufende Acts dann wieder gebucht werden, so lange dauert es oft bis dann überhaupt mal jemand neues aus der Reggae Szene gebucht wird. So habe ich zum Beispiel sowohl auf Yaniss Odua wie auch auf Matisyahu gut 6-7 Jahre gewartet bis sie zum ersten Mal vom Summerjam gebucht wurden.

Vom größten zum kleinsten der Festivals dass ich regelmäßig besuche, dem Rock on the Beach. Hier sind es die Slots der Headliner und Co-Headliner die schon seit Jahren keine wirkliche Überraschung mehr bieten. Als Headliner spielt irgendeine Tribute / Cover Band einer Weltbekannten Band und auch die Auftritte von Dreadnut Inc. und Soulbound sind Jahr für Jahr fester Bestandteil. Zwar bietet das Rock on the Beach vielen kleinen Bands eine Bühne und sorgt damit immer wieder für eine Menge Abwechslung, nur sind es leider nicht diese Auftritte die Publikum ziehen sondern die von Dreadnut Inc. und Soulbound.

Die größte Monotonie herrscht allerdings immer noch in den Dancehall Arenen der Reggae Festivals. Das Booking hat ein 0815 Level erreicht und ist für Besucher die seit mehr als zwei Jahren das Festival besuchen kaum noch reizvoll. Es läuft eigentlich immer auf Jugglerz, Pow Pow oder Sentinel hinaus. Große Sounds aus Übersee oder Fernost sucht man eigentlich vergeblich. Hier scheint das Reggae Jam jedoch aktuell etwas gegen zu steuern und zwar mit einem Friendly Clash zwischen David Rodigan und King Jammy’s, auch wenn es diesen auf der Hauptbühne zu sehen geben wird und nicht in der Dancehall.

Raggatta Backstage - Ruhr Reggae Summer Dortmund (2016)

Raggatta Backstage – Ruhr Reggae Summer Dortmund (2016)

Es fehlt der frische Wind in den Lineups der Festivals denn am Ende sind es doch immer dieselben Künstler eines kleinen Pools aus Artists die ganz oben auf den Postern zu sehen sind. Mit kleinen Ausnahmen natürlich. Ob dies nun am fehlenden Mut liegt mal frische Artists zu buchen oder man einfach dem Publikum dass gibt was es will, und wenn es zum fünften Mal Miwata ist, kann ich hier nicht beantworten. Ich persönlich tendiere aber zur zweiten Variante. Schließlich sind Festivals ein knallhartes Geschäft und da geht es in erster Linie um Geld und da werden halt eher Artists gebucht von denen man weiß dass sie ordentlich Publikum ziehen. Es liegt also auch am Publikum nicht immer nur nach den großen Namen zu „schreien“ sondern auch vermeintlich kleinen oder unbekannten Artists eine Chance zu geben. Denn ab und zu werden solche Acts dann doch gebucht. So zum Beispiel beim Summerjam im letzten Jahr (2016), da waren es besonders die Auftritte von Nattali Rize, Soul Radics, Sara Lugo und Gentleman’s Dub Club die mal großartige Abwechslung boten. Etwas abseits der üblichen Pfade ist auch das Ruhr Reggae Summer unterwegs und bietet, vor allem beim Festival in Dortmund, lokalen Newcomern (siehe Foto: Raggatta) die Möglichkeit vor großem Publikum spielen zu können.

Und warum ist das Reggae Jam hier nicht aufgetaucht werden sich vielleicht einige fragen. Nun, ein Problem mit Monotonie im Lineup hat das Reggae Jam nicht. Da wird seit Jahren tolle Arbeit geleistet. Für mich ist es eher die selbst für Festivalverhältnisse kurze Stagetime einiger Acts die mich etwas stört. Aber darum soll es hier in dem Beitrag nicht gehen.

So, dass war jetzt natürlich sehr subjektiv aber auf jeden Fall ist es ein Thema mit viel Diskussionspotential. Schreibt doch daher gerne mal hier in die Kommentare ob und was Ihr eventuell anders seht. Ob Ihr mir vielleicht sogar zustimmt und welche Artists Ihr gerne mal hier in Deutschland auf einem (Reggae-)Festival sehen möchtet.

Und hier mal ein paar Artists über die ich mich bei den Reggae Festivals 2018 freuen würde:
Biga Ranx, Chainska Brassika, General Roots, Hempress Sativa, Hollie Cook, Keida, Kelissa, Kiko Bun, LMK, Manu Digital, Resonators, Talisman und The Skints.

9 Kommentare

  • So geht Reggae Festival...!

    Und wie jedes Jahr steckt das Team des Reggae Geel Festivals aus Belgien wieder alle deutschen Festivals in die Tasche!

    So muss ein Line-Up aussehen!!!

    • Über grundlegende Qualität, also wie gut oder schlecht ein Lineup ist, geht es mir hier gar nicht. Zumal es noch subjektiver ist ein Lineup gut oder schlecht zu finden als einfach nur eine gewisse Monotonie anzumerken.

      Ich war bisher nur ein mal beim Reggae Geel und es gehört nicht zu meinen “regulars”, deshalb findet es im Beitrag auch keine Beachtung. Genau so wie das von dir bereits in einem anderen Kommentar erwähnte Keep It Real Festival. Das Lineup habe ich mir grad mal angeschaut und finde es persönlich richtig gut, dass muss aber nicht auch so für andere gelten. Deshalb ist es doch gut wenn Festivals unterschiedliche Zielgruppen verfolgen. Stell dir mal vor alle würden nach dem gleichen Schema ihr Booking betreiben.

      Grüße

  • Nur mal ´ne kleine Auswahl als Anregung, die sicher in 10 Jahren noch nicht von den Veranstaltern und Festivals abgearbeitet sein wird. 😉

    – Abyssinians (… oder wenigstens Bernard Collins, falls sie sich nicht vertragen)
    – Andrew Tosh
    – Apple Gabriel
    – Black Roots
    – Bounty Killer
    – Burning Spear (… wenn er keine überzogenen Forderungen stellt. Thema Gage! Was bei ihm “üblich” ist, verhindert sicher leider die meisten Auftritte bei den hiesigen Festivals. Eine Schmerzgrenze muss sich eben jeder Veranstalter setzen, sonst geht das zu Lasten der Vielfältigkeit oder Anzahl der Künstler. Da gibt es eigentlich nix zu kritisieren mein lieber Vorredner “Das langweilt mich”.)
    – Derrick Morgan
    – Dr. Alimantado
    – Dub Division
    – Earth Beat Movement
    – Emeterians
    – Fred Locks
    – Fyah Son Bantu
    – Joseph Beckford
    – Junior Reid
    – Kenyatta “Culture” Hill
    – Kwame Bediako
    – LKJ
    – Lorenzo
    – Mutabaruka
    – Natural Black
    – New Kingston
    – Nkulee Dube
    – Noel Ellis
    – Pablo Gad (… weiß zwar nicht, ob er noch was macht, leben sollte er aber noch?)
    – Pura Vida
    – Queen Omega
    – Raphael
    – Ras Michael
    – Ras Zacharri
    – Reemah
    – Sizzla (… auch wenn jetzt vielleicht viele aufschreien. Man kann nicht einen Künstler bis in alle Ewigkeit verdammen. ;-))
    – Sly & Robbie (… eventuell mit Bob Sinclair)
    – Solomon Jabby
    – Spiritual
    – Takana Zion
    – Tiken Jah Fakoly
    – Wailing Souls
    – Winston Mc Anuff

    Ich glaube das reicht erst einmal.
    Viele Grüße
    Peter
    http://www.reggaestory.de

    • Hey Peter.
      Sehr interessant die Liste, auch wenn ich einiges gleich mal nachhören muss da mir nicht jeder was sagt.

      Einiges davon war in der jüngeren Vergangenheit ja immerhin mal auf einem der Festivals (Reggae Jam, Ruhr Reggae Summer oder Summerjam) zu sehen. Mir persönlich gefällt die Idee von einer Sly & Robbie Show zusammen mit Bob Sinclair. Und Burning Spear ist natürlich auch sehr reizvoll. 🙂

      LG

  • Das langweilt mich !

    Das von dir beschriebene Problem “monotoner Bookings” bei deutschen Reggae Festivals anzusprechen ist mehr als begründet.
    Dabei allerdings das Reggae Jam als positives Gegenbeispiel zu erwähnen, finde ich überaus merkwürdig.
    Ein Programm welches ausschließlich nach den persönlichen Sympathien des Gründers zusammengestellt wird, und nur Künstler präsentiert, die bereit sind auf einen Teil ihrer üblichen Gage zu verzichten, kann hier nicht als Musterbeispiel erwähnt werden.
    Künstler (meist Veteranen genannt) die komplett an Relevanz verloren haben bilden Jahr für Jahr den Großteil des Programms.
    Hinzu gesellt sich fast jedes Jahr der von dir angesprochene Künstler Anthony B und diverse grauselige deutschsprachige Künstler wie Mellow Mark oder Ganja Man.
    Das Subgenre “Dancehall” findet seit Jahren garnicht mehr statt. Das diesjährige Programm ist an Unattraktivität nicht zu übertreffen.

    Aus den oben genannten Gründen darf als Beispiel für kreative und erfrischende Reggae Bookings daher dieses Jahr ausschließlich das KEEP IT REAL Festival in Pfullendorf genannt werden!

    • Das „Problem“ lässt sich nicht nur bei Reggae Festivals erkennen. Das von mir angesprochene Rock on the Beach Open Air bedient eher das Rock / Metal Genre.

      Im Zusammenhang finde ich ist das Reggae Jam schon ein passendes Beispiel. Auch wenn die Bookings nicht unbedingt sehr aktuell sind und persönlichen Sympathien unterliegen leidet es trotzdem nicht unter einer Monotonie. Gut, über Ganjaman kann man streiten aber als Host gehört er halt zum Reggae Jam. Bei Anthony B, ja da hast du recht.

      Da der Beitrag wie geschrieben doch sehr subjektiv ist und da ich leider noch nie beim Keep It Real Festival zu Gast war und deswegen keine direkte Erfahrung sammeln konnte war es auch nicht Teil dieses Beitrages.

      PS: Das Keep It Real Lineup ist in der Tat sehr nice.

    • Christof D.

      Lieber „das langweilt mich“,

      ich höre lieber reggae als dancehall, aber du hast recht, dancehall könnte auf dem reggae jam ein bisschen mehr sein. Leider ist die momentane dancehall szene halt mehr auf hype statt auf substanz aufgebaut, daher brauch ich die „new generation“ artists auch ned wirklich zu sehn, da man von den (meisten) bald nix mehr hören wird (bsp. alkaline, tommy lee…die vor paar jahren gehyped wurden)
      Das reggae jam setzt halt mehr auf reggae und foundation, also die von dir beschriebenen veteranen… ich finde es sehr geil die original artists zu hören, die die musik von anfang an mitgestaltet und geprägt haben.
      Geschmäcker sind halt verschieden, und alles ist subjektiv! 🙂
      Mir gefällt das keep it real jam line up z.b. überhaupt nicht! 🙂
      lg

      • Hey Christof,

        ich habe deinen Beitrag mal an die richtige Stelle verschoben um ein mögliches Durcheinander zu vermeiden. 🙂

        lg

      • Hallo Christof,

        ich finde das Reggae Jam sollte bleiben wie es ist. Diese Art der Künstlerzusammenstellung macht es ja gerade so liebenswert und einzigartig und formt dadurch natürlich auch das beste Publikum der Welt und die tolle Atmosphäre auf dem Platze. Wo kann man sonst noch so zahlreich die Künstler der alten Schule sehen. Für mehr Dancehall neben den beiden Hauptbühnen steht ja auch noch das Dancehallzelt zur Verfügung.

        Viele Grüße
        Peter

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